Die Innovation “E-Auto” ist an sich schon bemerkenswert. Vor einigen Jahren noch wurde z.B. die Marke Tesla über ihre Ankündigungen zu Plänen in der E-Mobilität nur belächelt. Heute weisst Tesla bereits eine Marktkapitalisierung von über 50 Mrd. US$ auf und die Autos (Model S) sind im Strassenbild präsent. Die Produktion und Auslieferung des preislich erschwinglichen Model 3 hat soeben begonnen und laut Pressemeldungen gehen täglich ca. 1.800 Bestellungen zum Model 3 ein. Gemessen am gesamten Marktvolumen noch eine geringe Anzahl, aber die Entwicklung nimmt doch deutlich erkennbar Fahrt auf.
Ein zusätzliches Momentum für E-Fahrzeuge, wird durch die aktuellen Diskussionen rund um Feinstaub, NOx-Emissionen und den unsäglichen Dieselskandal erzeugt.
Die etablierte Autoindustrie scheint nach wie vor kaum zu reagieren. Man ist doch sehr beschäftigt mit Schadensbegrenzung rund um die Software- und Marktmanipulationen. Grossartige Ankündigungen z.B. von Volvo, voll auf die Elektrifizierung des Autos zu setzen, stellen sich bei genauerer Betrachtung als Farce heraus. Noch seltsamer wird es, wenn wie vor wenigen Tagen geschehen, VW eine “Umweltprämie” auslobt, bei der ausgerechnet grossvolumige Fahrzeuge mit entsprechend grossen Motoren deutlich mehr gefördert werden als umweltfreundlichere kleine Fahrzeuge.
Diese Ignoranz gegenüber künftigen Anforderungen haben wir schon mehrfach erlebt, sei es der Niedergang der grossen Unternehmen in der analogen Fotografie (z.B. Agfa, Kodak) oder bei den Herstellern von Mobiltelefonen (z.B. Nokia vs. Apple). Hat die Autoindustrie hier bereits den Trend verschlafen? Jeder grosse Autohersteller hat zwar in der Zwischenzeit mindestens ein reines e-Auto im Portfolio, teilweise sind diese Fahrzeuge jedoch am Markt vorbei entwickelt und scheinen auch nur halbherzig vermarktet zu werden.
Nach wie vor sind in den Konzernzentralen und Entwicklungsabteilungen die Unkenrufe über zu geringe Reichweite von E-Fahrzeugen und fehlende Infrastruktur zu hören. So weiter zu machen wie bisher ist allerdings, trotz Rückendeckung durch die Politik keine Option. Die angestrebten Klimaziele werden bei weitem verfehlt und es vergeht nahezu kein Tag ohne Feinstaubalarm in den Grossstädten.
In der Zwischenzeit verfolgt Tesla weiterhin unbeirrt die Visionen von Elon Musk und setzt auf innovative Geschäftsmodelle. Während in Europa in den vergangen Jahren immer prunkvollere Autohäuser entstanden sind, in denen die (unnötige) Modellvielfalt entsprechend in Szene gesetzt werden konnte, eröffnet Tesla relativ kleine “Shops” in attraktiven Innenstadtlagen, wo der ganzen Familie beim Samstagseinkauf die Vorzüge der E-Fahrzeuge eindrucksvoll präsentiert werden.
“Nie wieder tanken” ist schon ein zugkräftiges Argument.
Ganz nebenbei wird mit der Powerwall 2 auch noch eine intelligente Lösung vorgestellt, die das Potenzial hat, einen Haushalt autark mit Strom zu versorgen. Auch eine Entwicklung, die unsere vor einigen Jahren aufstrebende Solarindustrie leider verschlafen hat.
Dies ist ein Crossselling der ganz anderen Art, verglichen mit dem sonst üblichen Angebot an Lifestyle-Artikeln in der Autobranche. Für Tesla schafft dieser Infrastrukturmarkt die Möglichkeit, seine Kernkompetenz in der Batterietechnik weiter stärken zu können. Eine weitere Innovation im Geschäftsmodell.
Meine Prognose: In wenigen Jahren wird eine solche Powerwall an jedem neugebauten Einfamilienhaus zu finden sein; nebst dem E-Fahrzeug in der Garage.
Bei aller Euphorie, die E-Mobilität und die Infrastruktur stecken noch in den Kinderschuhen und die Ökobilanz ist ganz sicher auch noch zu optimieren.
Gerade Tesla ist jedoch wieder ein gutes Beispiel, wie disruptive Innovationen nahezu unbemerkt entstehen, …und auf einmal ist etwas Neues da, was wir vorher gar nicht kannten, auf das wir aber auf einmal nicht mehr verzichten können!